Das Landesprofil Indiens ist recht beeindruckend. Mit rund 1,37 Milliarden Einwohnern ist es nicht nur das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung, sondern auch die größte Demokratie in der Welt. Mit diesen Zahlen im Hinterkopf ist es kaum ein Wunder, dass die indische Kultur wirklich alles ist – außer einseitig.
Die Vielfalt des Landes bringt sowohl Geschäftsleute als auch privat Reisende dazu, die gleiche Frage zu stellen: Woher weiß ich, wie ich mich in Indien zu verhalten habe?
Dieser Artikel soll der Beantwortung dieser Frage dienen und Ihnen ein paar Richtlinien geben, an denen Sie sich vor und während Ihres Aufenthalts orientieren können.
Die Indische Geschäftsetikette
Nicht verallgemeinern
In Indien gibt es schlichtweg keine einzige „Indische Kultur“. Dies ist vermutlich die wichtigste Sache, die beachtet werden muss. Denn ohne die richtige individuelle Vorbereitung werden auch diese Guidelines nicht von allzu großer Hilfe sein. Deshalb raten wir Ihnen, sich vor Ihrer Reise explizit mit den Werten, Normen und Traditionen der Region und der zu besuchenden Organisation zu beschäftigen. Aspekte wie Feiertage, Bürozeiten, und natürlich die Sprache sind nur ein paar Beispiele, die sich von Region zu Region unterscheiden können.
Do’s und Don’ts
Trotz der eben genannten Warnung möchten wir hier einige Richtlinien aufführen, die wir jedem Besucher des Landes empfehlen, einzuhalten.
- Achten Sie besonders auf ältere Menschen sowie auf solche mit einer höheren Position in einer Organisation.
- Themen wie die Kultur und die Vergangenheit des Landes können Sie mit Ihren indischen Partnern besprechen, solange sie diese Aspekte (sowie die Traditionen) nicht kritisieren.
- Die Themen Politik, Religion, das Kastensystem, Kaschmir, Pakistan und Cricket sollten vermieden werden. Das Letztere steht nicht unter Tabu, wenn Sie wahrhaftig ein Fan sind, der mit der Sportart sehr vertraut ist.
- Vermeiden Sie es, Gegenstände mit der linken Hand weiterzureichen und damit zu essen. Die Weitergabe von Gegenständen mit beiden Händen ist akzeptable, aber essen sollte man immer nur mit der rechten Hand, da die linke als unrein angesehen wird.
- Berühren Sie niemanden, wenn Sie es nicht müssen: Es könnte als unangemessen angesehen werden. Vor allem der Kopf fällt unter dieses Tabu, da er als Sitz der Seele gilt.
- Vermeiden Sie es auch, über Dinge hinwegzusteigen oder sie mit den Füßen zu berühren. Es gibt einige Ausnahmen zu dieser Regel, doch ist es simpler, wenn Sie dies einfach gänzlich vermeiden.
Über die Sprache
Englisch ist eine der Amtssprachen Indiens. Das bedeutet, dass Sie Ihre Visitenkarte oder Präsentation nicht in eine der indischen Sprachen übersetzen müssen – was zumindest ohne die Hilfe eines gut ausgestatten Übersetzungsbüro auch wirklich schwierig gewesen wäre: Während es in Indien keine Nationalsprache gibt, existieren 22 sogenannte „scheduled languages“ (Sprachen, die im Anhang der Verfassung gelistet werden) und etwa 100 weitere „Hauptsprachen“. 100 Hauptsprachen, und es gibt noch viele weitere Sprachfamilien! Diese unglaublich hohen Zahlen beruhen natürlich wieder auf der Größe des Landes und die darauf basierenden verschiedenen Kulturen. Und sie würden Ihnen die internationale Geschäftsbeziehung vermutlich nicht gerade erleichtern, wenn nicht viele der Inder, die im internationalen Umfeld tätig sind, fließend Englisch sprechen würden.
Zwei Arten von Unternehmen
Ist das Unternehmen, dessen Vertreter Sie treffen werden, in einer modernen oder traditionellen Branche aktiv? Tatsächlich hat die Antwort auf diese Frage einen bedeutenden Einfluss darauf, was Sie von Ihrer Geschäftsreise erwarten können. Ein familiengeführtes Unternehmen oder eines, das zum Beispiel im Bankensektor aktiv ist, folgt eher den traditionellen indischen Standards als ein aufstrebender Technologieanbieter: Unternehmen, die sich auf die modernen Aspekte der Welt konzentrieren, führen ihre Geschäfte oftmals eher im „westlichen Stil“, also mit Vorsitzendem und einer festen Agenda.
Wir Deutschen würden traditionelle Geschäftstreffen ironischerweise als weniger formal ansehen. Das Meeting mag einige Male gestört und unterbrochen werden, und es ist vollkommen normal, dass ein Manager sich mit zwei separaten Themen gleichzeitig beschäftigt. Wir möchten Ihnen in dieser Situation raten, dies nicht als unhöflich anzusehen. Versuchen Sie, nicht frustriert zu sein, sondern es als Teil der indischen Kultur zu akzeptieren.
Die organisatorische Struktur
Indische Unternehmen unterliegen in der Regel einer hierarchischen Struktur, und die Mikroverwaltung von Mitarbeitern durch das Vergeben direkter Aufträge gehört zum Arbeitsalltag eines Managers. Aus dem Grund können Sie nicht erwarten, dass einzelne Mitarbeiter die Initiative ergreifen. Auch wenn es nicht gänzlich undenkbar ist, so sind solche Dinge doch definitiv weniger verbreitet als in den meisten EU-Ländern.
Ebenso können Sie nicht erwarten, dass ein Manager Aufgaben übernimmt, die von einer Person mit einem niedrigeren Rang in der Organisation ausgeführt werden könnten. Die hierarchische Aufgabenteilung zieht klare Verantwortungsbereiche zufolge.
Praktische Tipps für Ihr Geschäftstreffen
Die Kleiderordnung
Bewaffnet mit dem neuen Wissen über die indische Geschäftsetikette können Sie nun langsam mit dem Kofferpacken beginnen – doch was sollten Sie mitbringen?
Unabhängig vom Geschlecht ist es wichtig, die Sachen sauber zu halten und Falten zu vermeiden. Darüber hinaus möchten wir Ihnen empfehlen, neben Ihrer Businesskleidung auch ein warmes Outfit sowie einen Regenschirm mitzubringen.
Frauen sollten während der Reise bedeckte Kleidung tragen. Diese kann die Form eines Hosenanzuges mit einer hochgeschnittenen Bluse annehmen – alternativ zu einer Hose ist es auch akzeptabel, einen langen Rock zu tragen.
Anzüge aus leichtem Material sind bei Männern üblich, doch sie können den Anzug auch durch schicke und gleichzeitig bequemer Kleidung punkten. Während Sie ohne Probleme ein Hemd und Hose tragen können, sollten sie bei beiden Kleidungsstücken vermeiden, dass diese aus Jeansstoff/Denim sind.
Die Begrüßung
Die erste Begrüßung findet in einer bestimmten Reihenfolge statt. Zunächst wird die ranghöchste Person im Unternehmen begrüßt, und darauf in absteigender Folge alle weiteren Anwesenden. Zur Hilfestellung: Die Person, die zuerst begrüßt wird, ist in der Regel auch die erste Person, die den Raum betritt. Verwenden Sie bei der Begrüßung formale Titel und reichen Sie Ihrem Gegenüber jeweils die Hand. Begrüßen Sie die Gruppe nicht als Ganzes.
Visitenkarten werden mit beiden Händen übergeben und angenommen. Untersuchen Sie die Karte sorgfältig und respektvoll, bevor Sie sie in Ihre Brusttasche stecken oder Sie vor Ihnen auf den Tisch legen. Vermeiden Sie es grundsätzlich, Visitenkarten in die Gesäßtasche zu stecken.
Das Businessmeeting
Planen Sie Ihre Ankunft so, dass Sie auf jeden Fall pünktlich oder gar einige Minuten zu früh erscheinen – obgleich Sie diese Pünktlichkeit nicht von Ihren indischen Geschäftspartnern erwarten können. Da Geschäftstreffen häufig länger dauern als ursprünglich vorgesehen, sollten Sie Ihren Tag mit dementsprechenden Zeitpuffern planen.
Die Nutzung technologischer Hilfsmittel zur Unterstützung Ihrer Aussagen ist gerne gesehen. Bevor Sie mit der Preisverhandlung beginnen ist es wichtig, dass Sie alle relevanten Details erwähnen, sodass ihr Partner eine solide Vorstellung Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung bekommt.
Das Ziel der Businessmeetings ist es, zu einem wichtigen Resultat zu gelangen, obwohl es während des ersten Treffens wohl eher um Sie und Ihre Firma gehen wird, als um ein bestimmtes Produkt oder Service. Um festzustellen, ob Sie ein geeigneter Partner für die indische Firma sind, kann es vorkommen, dass Ihnen viele Fragen gestellt werden – darunter sind eventuell auch persönliche Erkundigungen. Versuchen Sie, sich nicht davon irritieren zu lassen.
Körpersprache und das gesprochene Wort
Viele Inder sagen nur ungern ‚nein‘. Um dies zu vermeiden, könnten Ihre indischen Geschäftspartner mehrdeutige Formulierungen wie ‚wir werden sehen‘ verwenden, oder einfach das sagen, was Sie vermutlich hören wollen. Dies ist keineswegs mit negativen Hintergedanken verbunden, und Sie sollten Ihre Geschäftspartner nicht zu einer eindeutigen Formulierung drängen.
Stattdessen können Sie die Frage umformulieren, um mehr Details aus der Antwort entnehmen zu können. Alternativ ist es auch möglich, auf die Körpersprache Ihres Gegenübers zu achten, um so herauszufinden, ob das Gesagte lediglich eine Höflichkeitsfloskel darstellt oder ernst gemeint war.
Diese nonverbale Kommunikation wird ohnehin wichtig sein: Einige Inder haben ein scharfes Auge für Körpersprache. Achten Sie deshalb darauf, was Ihr Körper sagt. Zeigen Sie weder mit Händen noch mit Füßen (Zehen oder Fußsohlen) auf andere Personen. Die beste Vorgehensweise hierbei ist es, die Füße möglichst flach auf dem Boden zu halten.
Auch sollten Sie es vermeiden, Ihre Arme zu kreuzen, körperlich zurückzuweichen, und Ihre Hände auf die Hüfte zu legen. Ebenso sollten Handzeichen wie das Winken unterlassen werden.
Follow-up und weitere Informationen
Innerhalb von 24 Stunden nach dem Meeting sollten Sie Ihren Partnern eine kurze Zusammenfassung und einen begleitenden Zeitplan für das nächste Treffen zusenden.
In Indien unterliegt alles dem Wandel – auch die Verträge. Anstatt sie als genaue Regelungen für die zukünftige Kooperation anzusehen, werden Verträge oftmals eher als eine Vereinbarung über die Bereitschaft zur Geschäftsabwicklung betrachtet. So schwierig es auch sein mag: Um eine erfolgreiche Beziehung zu Ihrem indischen Partner aufzubauen ist es notwendig, dass Sie diesbezüglich flexibel sind. Die Nachfrage nach einem detaillierteren oder präziseren Dokument kann nämlich als Mangel an Vertrauen angesehen werden, was selbstverständlich einen negativen Einfluss auf die Geschäftsbeziehung haben könnte.
Bereiten Sie gerade Ihre Geschäftsreise nach Indien vor? Oder möchten Sie mehr über die indische Kultur und Sprachen erfahren? Dann nehmen Sie doch einfach Kontakt mit uns auf, wir helfen Ihnen gerne weiter.
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